Manchmal fehlt mir das Bloggen, wie ich es früher™ getan habe. Komplette Anonymität. Kein Impressum. Kein erzwungener Mehrwert. Keine Real-Life-Freunde, die das bewerten könnten, was ich hier von mir gebe und mich ungefragt mit ihrer Meinung konfrontieren.

Angefangen hat alles mit Livejournal. Damals™, als man noch einen Code benötigte, um sich eines dieser beliebten Tagebücher zu klicken. Dort ist im Prinzip meine komplette Pubertät und Jugend dokumentiert. Alle Phasen, die man bei den ersten Schritten zum Erwachsenwerden durchlebt. Friends only, und alle Mädels und auch Jungs, die dazu gehörten, waren meine Clique und wir waren uns in den schwersten Zeiten unserer Adoleszenz gute Ratgeber, hatten wir doch alle mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Fremde wurden zu Freunden. Einige Bruchstücke aus dem Leben dieser Menschen bekomme ich auch heute noch über andere Kanäle mit. Seit über 15 Jahren.

Es war anders damals. Friends only bot einen geschützten Rahmen. Ich konnte mir aussuchen, wer mitliest und wer nicht. Jederzeit. Doch ich wollte mehr. Ich erinnere mich, wie ich nach dem Abitur wieder einen WordPress-Versuch wagte. Diesmal insofern erfolgreich, dass diese Installation glückte. Der Name war damals noch ein anderer, aber recht zeitnah kam die Domain dazu. zimtsternin war quasi geboren. Man benötigte noch kein Impressun und kannte Blogs höchstens als Klowände des Internets. Keiner meiner echten Freunde hatte was mit Blogs zu tun, ich war schon immer die Exotin. Und somit wusste auch niemand, was ich im Internet so trieb. Obwohl das Blog hier immer öffentlich zugänglich war, fühlte ich mich geschützt und anonym. Ich schrieb und veröffentlichte, ohne groß über die Folgen nachzudenken oder mir Gedanken darüber zu machen, wie es auf andere wirken könnte.
Mit den Jahren änderte sich das jedoch zunehmend. Impressumspflicht. Professionalisierung der Bloggerszene. Das Ende der Anonymität. Persönlich angreifbar.

In meinen Entwürfen liegen mittlerweile 35 angefangene, zum Teil sehr persönliche Posts. Ich kann sie jedoch nicht zu Ende bringen, geschweige denn, veröffentlichen. Denn sie machen mich angreifbar. Und mittlerweile sind viele widerliche Menschen im Internet unterwegs, die ihre hässlichen Worten verbreiten und ich gehöre leider zu den Menschen, die sich die hässlichsten Worte zu Herzen nehmen, wider besseren Wissens.

Es gibt viele Tage, doch vor allem Nächte, in denen ich mich frage, ob ich das hier komplett schließen und beenden solle. In denen ich mir wünsche, unter anderem Namen anonym wieder anzufangen. Ich möchte manchmal so vieles los werden. Schreiben, mit unbekannten Menschen austauschen, das hat mir immer viel gegeben und auch geholfen. Ich vermisse das.

Ich will das hier nicht einstampfen. Aber ich will auch nicht nur belangloses Zeug von mir geben, damit ist doch auch niemandem geholfen. Doch leider ist mir bislang keine Lösung eingefallen, aus diesem Dilemma rauszukommen.
Vielleicht einfach machen. Nicht darüber nachdenken, was passieren könnte, sondern rausfinden, was passiert. Oder es wirklich komplett lassen.

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Dieser Artikel hat 8 Kommentare

8
  1. Exakt das gleiche Gefühl habe ich auch bezüglich Bloggen. Die Zeit als man einfach noch so irgendwelches Zeug ins Internet schrieb. Und als man durchaus noch Kommentare geschrieben hat und durch schöne Kommentare noch manch netten Menschen kennengelernt hat…

    Meine erste Blog-Domain habe ich vor zwei Monaten tatsächlich gekündigt, nachdem ich sie Jahrelang mitgeschleift habt, einfach weil ich die Domain nach so langen Jahren irgendwie nicht Kündigen wollte. „Vielleicht macht man ja nochmal etwas damit“…naja nun also doch gekündigt.

    1. Die Domain werde ich vermutlich noch viele Jahre mitschleppen. Dafür hängt zu viel emotionaler Wert für mich dran, als dass ich diesen Schritt gehen könnte. Ich glaube, ich werde dieses Blog auch nie komplett einstampfen ohne Sicherungskopie, damit ich immer noch darauf zugreifen kann. Ich hab ja selbst meine alten Tagebücher noch auf dem Dachboden meiner Mutter. Und die Livejournals existieren auch noch. Loslassen und trennen fällt mir schwer. 😀

  2. Genau die gleichen Gedanken hab ich auch. Mein Blog liegt seit Jahren still. Seit der Impressumspflicht wurden es immer weniger Beiträge. Ich hab immer mehr persönliches offline genommen. Jetzt sind nur noch technische Anleitungen oder belangloses Zeug online. Mir fehlt die Zeit von damals auch. Ich würde so gerne wieder schreiben ohne darüber nachzudenken, dass Freunde, Familie, ehemalige Lehrer, Arbeitskollegen… usw. mitlesen.

  3. Ohja! Das Ventil ist ein anderes. Früher konnte man einfach los lassen und Gedanken teilen. Heute geht man ganz anders mit den Gedanken um. Ich möchte nicht, dass jeder mitlesen kann. Obwohl ich aber möchte, dass es Menschen lesen, die ähnliche Gedanken haben. Schwierig. Aber kenne das Gefühl zu gut…

      1. Und spannend ist die Frage, ob es manchmal sogar positive Folgen haben könnte, wenn ein Kollege mehr über dich weiß. Sieht, welche Interessen, Stärken und Schwächen man hat. Neben dem „Alltag“.

        1. Ich glaube nicht, dass ich möchte, dass Kollegen sowas über mich wissen. Die meisten, mit denen ich mittlerweile zusammenarbeite, kennen das hier aber auch nicht und hätten auch kein Interesse. Daher alles gut so, wie es ist.

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